Geschichte der Kulturpflanzenvielfalt

(mit freundlicher Genehmigung von ProSpecieRara)

 

Jungsteinzeit (ca. 4500 bis 1800 v. Chr.)

 

In Mitteleuropa gehörten Emmer, Einkorn und Gerste zu den wichtigsten Getreidearten, seltener wurden Nacktweizen und Rispenhirse kultiviert. Als Eiweißlieferanten standen Erbse und Linse zu Verfügung, unter den Ölfrüchten wurde Lein, vereinzelt Schlafmohn kultiviert. Rübsen und Leindotter wurden aus Wildsammlung genutzt.

 

 

 

Bronzezeit (ca. 1800 – 800 v. Chr.)

 

In der Bronzezeit kamen Ackerbohne und Dinkel als neue Kulturpflanzen hinzu. Roggen und Hafer (Flug- und Saathafer) wurden als Unkraut eingeschleppt und entwickelten sich in weiterer Folge zur Kulturpflanze. 

 

 

 

Eisenzeit (ca. 800 v. Chr. – 0)

 

Seit der vorrömischen Eisenzeit sind Hanf, Färberwaid und Leindotter in Kultur bekannt. 

 

Römische Kaiserzeit (ca. 0 – 400 n. Chr.)

 

Die Römer brachten eine große Anzahl von neuen Gartenpflanzen nach Mitteleuropa: Amarant, Mangold und Rote Rübe, Portulak, Gartenmelde, (Blatt-)Sellerie,

 

Römischer Sauerampfer, Melone. Des Weiteren wurden Färbepflanzen (Farber‐Resede) und schließlich der Saathafer eingeführt.

 

 

 

Völkerwanderung (ca. 400 – 600 n. Chr.)

 

Aus dieser unruhigen Zeit existieren nur wenige archäologische Funde. Ebenso wenig gibt es schriftliche Aufzeichnungen, die Auskünfte über die Veränderungen im Kulturartenspektrum geben.

 

Früh und Hochmittelalter (ca. 800 – 1300)

 

Über den Gartenbau im frühen Mittelalter berichten u.a. die Hofgüterordnung von Karl dem Großen aus dem Jahre 812 sowie einige kirchliche Aufzeichnungen. Demzufolge waren zu dieser Zeit Kulturarten bekannt wie Kohl, Karotten, Pastinaken, Kohlrabi, Zwiebel, Knoblauch, Lauch, Rettich, Salat, Endivie, Melonen oder Augenbohne. Genannt werden auch Kräuter wie Schnittlauch, Petersilie, Kerbel, Bohnenkraut, Dill, Kümmel, Koriander, Thymian, Minze, Fenchel, Kresse, Senf und Anis. Roggen wird im Mittelalter zu einer Hauptgetreideart, Krapp wird als Färbepflanze eingeführt, seltener werden bereits auch Spinat und Spargel kultiviert.

 

 

 

Spätmittelalter (ca. 1300 – 1500)

 

In dieser Zeit gehörte die Speiserübe zu den wichtigsten Nahrungsmitteln, bis sie später von der Kartoffel verdrängt wurde. Außerdem kommen Buchweizen und Gemüseampfer als neue Kulturarten hinzu.

 

Frühe Neuzeit (ca. 1500 – 1600)

 

Mit der Entdeckung Amerikas kamen viele neue Kulturarten nach Europa, wie Tomate, Kartoffel, Mais, Gartenbohne, Kürbis oder Paprika, welche sich durch den einsetzenden regen Handel schnell verbreiteten. Sowohl die Tomate als auch die Kartoffel waren zunächst nur Kuriositäten in den Gärten und setzten sich erst später als Nahrungspflanzen durch.

 

 

Schriftliche Überlieferungen, die seit der Erfindung des Buchdrucks Mitte des 15. Jahrhunderts häufiger vorliegen, geben einen guten Einblick in die genutzten Kulturarten. Garten- und Kräuterbücher beschreiben „altbekannte“ und neue Gemüsearten wie Mangold, Weißrüben, Spinat, Spargel, Winterheckenzwiebel, Kopfsalat, Zuckerwurzel, Haferwurzel, Bleich‐ und Knollensellerie, Kichererbse, Radies.

 

 

 

Auch Gurken sind erst zu Beginn der Neuzeit, vermutlich durch Slawen, nach Mitteleuropa gekommen. Gartenmelde und Amarant waren zu dieser Zeit schon weitgehend durch den Spinat verdrängt worden.

 

17. und 18. Jahrhundert

Im 17. Jahrhundert finden sich in den Schriftquellen erste Darstellungen gelber und roter Karottensorten. Im 18. Jahrhundert wird die orange „Karotin-Karotte“ in den Niederlanden entwickelt und verbreitet sich schon bald in ganz Europa.

 

 

Feuerbohne, Schwarzwurzel und Feldsalat setzen sich als Gartenpflanzen durch. Ölraps kommt als neue Ackerkultur hinzu. Die Kartoffel erlangt den Durchbruch zur weit verbreiteten Ackerpflanze. Ab Ende des 18. Jahrhunderts wird sie in vielen Gebieten zum Grundnahrungsmittel der rasch wachsenden und zunehmend verstädterten Bevölkerung. 

 

19. Jahrhundert

 

Mit der industriellen Revolution setzt auch die professionelle Pflanzenzüchtung ein, sie bringt große Veränderungen im Bereich der Entwicklung neuer Kultursorten mit sich.

 

 

Die Tomate setzt sich ab 1860 als Nutzpflanze durch, die Spargelerbse kommt hinzu. Regional verdrängt wurden bereits Pastinake und Zuckerwurzel durch die Kartoffel und die Haferwurz durch die Schwarzwurzel. Faser- und Färbepflanzen verschwinden zunehmend aus dem Anbau und werden von künstlichen Farbstoffen und importierter Ware ersetzt.

 

 

 

Mit der Zuckerrübe entsteht durch Kreuzung von Zuckerwurzel und Rübe eine neue Kulturpflanze, welche die industrielle Zuckerherstellung in Deutschland ermöglicht.

 

20. Jahrhundert

 

In Folge der beiden Weltkriege und durch die Intensivierung der Landwirtschaft verändert sich das Kulturartenspektrum stark. Einige neue Nutzungstypen kommen hinzu: Die Zucchini setzt sich aus Italien kommend durch, ebenso der Brokkoli. Aus (Süd‐)Ostasien sind vor allem die Formen von Brassica rapa, wie z.B. Chinakohl, Japankohl und Pak Choi zu nennen.

 

 

Paprika und Auberginen bereichern das Gemüseangebot. Die Landwirtschaft wird zugunsten weniger dominanter Kulturarten umstrukturiert. Getreide wie Weizen, Gerste und Mais dominieren, Hafer und Roggen haben dagegen nur noch regionale Bedeutung.

 

 

 

Im erwerbsmäßigen Gemüseanbau geht die Tendenz in Richtung weniger Arten ‐ die für den intensiven und industriellen Gemüsebau angepassten Hybrid‐Sorten setzen sich zunehmend durch.